Ab wann ist der Dlutdruck zu niedrig? Die Diagnose


Bei einem erwachsenen Menschen im Ruhezustand liegt der normale Ausgangswert für den arteriellen Blutdruck bei etwa 120 zu 80 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule). Von Hypotonie oder zu niedrigem Blutdruck kann bei Frauen gesprochen werden, wenn der erste Wert 105 mmHg und der zweite Wert 65 mmHg unterschreitet. Bei Männern liegt bereits ab dauerhaften Werten unter 110 mmHg zu 70 mmHg eine Hypotonie vor.1 Bei älteren Menschen wird niedriger Blutdruck unwahrscheinlicher, die Werte dürfen sogar etwas höher ausfallen, da mit zunehmendem Lebensalter der Blutdruck häufig ansteigt.

Die erste Messung beschreibt den systolischen, die zweite den diastolischen Blutdruck. Mit den Begrifflichkeiten Systole und Diastole werden die beiden Phasen des Herzschlags beschrieben:

  • Systole: Zusammenziehen des Herzmuskels und Auswurf des Blutes (höherer Blutdruck)
  • Diastole: Muskelentspannung und Füllung mit Blut (niedrigerer Blutdruck)

Das Ergebnis einer Blutdruckmessung beinhaltet damit also immer zwei Werte.

Das Gegenstück der Hypotonie – die Hypertonie, also ein zu hoher Blutdruck, kann vom Arzt diagnostiziert werden, wenn die Werte dauerhaft über 140 mmHg und 90 mmHg liegen. Anders als ein zu niedriger Blutdruck ist der als Volkskrankheit berühmt-berüchtigte Bluthochdruck als „stiller Killer“ gefürchtet. Längere Zeit unbemerkt, kann diese Erkrankung langfristig die Gefäße schädigen und gilt deshalb als Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall.

Hyper oder Hypo? Die Vorsilbe „hyper-“ stammt aus dem Altgriechischen. Sie bedeutet oberhalb, über oder hinaus. Gegenspieler ist die Vorsilbe „hypo-“, die die Bedeutung unter, darunter hat. Hypertonie ist deshalb die medizinisch korrekte Bezeichnung für einen Blutdruck über der Norm. Bei einer vorliegenden Hypotonie liegt er unter der Norm.

Wie gefährlich ist ein zu niedriger Blutdruck


Im Vergleich zu hohem Blutdruck wird ein niedriger Blutdruck von Medizinern oftmals sogar als gesund und gefäßschonend eingestuft. Menschen mit einem niedrigen Blutdruck sind weniger anfällig für Herzerkrankungen und haben eine längere Lebenserwartung. Die beschwerdefreie Hypotonie verursacht keine Schäden an lebenswichtigen Organen und es geht keine akute Gesundheitsgefährdung von ihr aus.

In den ersten Wochen der Schwangerschaft ist niedriger Blutdruck nichts Ungewöhnliches und sollte nicht weiter beunruhigen. Der Körper befindet sich in einem Umstellungsprozess, es muss fortan nicht nur der eigene Organismus mit Blut ersorgt werden, sondern auch der des sich entwickelnden Embryos. Bei Unsicherheiten und anhaltenden Beschwerden suchen Sie jedoch gerne Ihren Gynäkologen auf.

Solange als Ursache für die Hypotonie keine Herzerkrankung oder eine hormonelle Störung erkennbar ist und sich der niedrige Blutdruck nicht negativ auf den Alltag auswirkt, kann die Hypotonie daher als unbedenklich eingeordnet werden. Bei regelmäßig auftretenden oder bestehenden Kreislaufproblemen sollte eine chronische Hypotonie allerdings nicht bagatellisiert werden. Ein dauerhaft zu niedriger Blutdruck geht mit verschiedenen Symptomen einher, die wesentliche Auswirkungen auf Alltag, Psyche und Lebensqualität haben können.

Achtung: Ein Risiko stellt eine durch Hypotonie hervorgerufene Ohnmacht dar, denn sie birgt die Gefahr von Stürzen und somit Verletzungen.

Was passiert im Körper? Mögliche Symptome eines zu niedrigen Blutdrucks


Hypotonie hat aufgrund des mangelnden Drucks eine unzureichende Versorgung verschiedenster Köperbereiche, aber vor allem des Gehirns mit Blut – und dementsprechend auch Sauerstoff – zur Folge. Kurz gesagt, der rote Lebenssaft kommt nicht mehr oben im Kopf an. Daraus resultieren unterschiedliche Symptome:

  • Müdigkeit
  • Lustlosigkeit
  • Schwindel
  • Übelkeit
  • Augenflimmern
  • Leistungsschwäche
  • depressive Stimmung
  • Antriebsschwäche
  • Unruhe und Zittrigkeit in den Gliedmaßen
  • kalte Hände und/oder Füße
  • Kopfschmerzen
  • Ohrensausen
  • Herzrasen
  • Ohnmacht

In Studien konnte zudem ein Zusammenhang zwischen zu niedrigem Blutdruck und einer Minderleistung des Gehirns hergestellt werden.4 Ebenso zeigen studienbasierte Hinweise, dass bei Menschen mit Hypotonie eine erhöhte Empfindlichkeit für akute Schmerzreize vorliegen kann.4 Patienten müssen angesichts des Beschwerdebilds und der unangenehmen Symptome keinesfalls kapitulieren. Niedriger Blutdruck kann behandelt werden. Dazu stehen unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung. Zumeist fällt hier die erste Wahl auf pflanzliche Wirkstoffe und bewährte Hausmittel – noch vor Medikamenten. Zuvor sollte jedoch die jeweilige Art der Hypotonie ärztlich abgeklärt werden.

Hypotonie hat unterschiedliche Gesichter


Im Falle eines zu niedrigen Blutdrucks wird zwischen bestimmten Formen der Hypotonie unterschieden, die auch jeweils andere Ursachen und Erscheinungsbilder haben. Der Diagnostik sollte daher immer eine ausführliche Anamnese vorangehen, in der Ihr Arzt Sie zu Beschwerden, individuellen Krankheitserscheinungen, Lebensgewohnheiten und früheren oder bekannten Erkrankungen in der Familie befragt.

Arten der Hypotonie

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Konstitutionelle, primäre oder essenzielle Hypotonie
  • insgesamt häufigste Form der Hypotonie
  • dauerhaft niedriger Blutdruck bei unbekannter Ursache
  • wird oft bei jungen, schlanken Frauen festgestellt
  • Beschwerden treten nicht immer auf, vorrangig bei Belastung
symptomatische oder sekundäre Hypotonie
  • wird auch als sekundäre Hypotonie bezeichnet
  • die Ursache ist bekannt: Grund für den niedrigen Blutdruck kann Medikamenteneinnahme oder eine Erkrankung sein, zum Beispiel eine Schilddrüsenunterfunktion oder eine Herz-Kreislauf-Störung
  • weitere mögliche Gründe sind: Schwangerschaft, Austrocknung des Körpers nach Durchfall oder Erbrechen oder Blutverlust
orthostatische Hypotonie, Dysregulation oder Orthostase-Syndrom
  • Regulationsstörung des Blutdrucks
  • bezeichnet einen akuten Blutdruckabfall, beispielsweise beim Aufstehen aus einer liegenden Position
  • Patienten mit orthostatischer Hypotonie können ein geringfügig erhöhtes Demenzrisiko haben2

Schätzungen zufolge sind in Deutschland etwa drei bis fünf Prozent der Bevölkerung von zu niedrigem Blutdruck betroffen.3 90 Prozent der Hypotoniker werden wiederum diagnostisch der konstitutionellen Form zugeordnet. Die Beschwerden treten bei der konstitutionellen Hypotonie nicht zwangsläufig regelmäßig auf, sondern oftmals in bestimmten, für den Körper belastenden Situationen. Was viele nicht wissen, auch ein heißes Bad oder – bei jüngeren Menschen – ein Wachstumsschub gehören dazu. Niedriger Blutdruck bleibt bei vielen Patienten nicht selten auch weitestgehend unbemerkt.

Regelmäßige Kontrolle ist das A und O: Bei Kreislaufproblemen bedingt durch einen zu niedrigen Blutdruck ist die regelmäßige Kontrolle der Werte unabdingbar. Mit einem eigenen Blutdruck-Messgerät können Sie Ihren Blutdruck jederzeit selbst kontrollieren. Alternativ stehen Arzt und Apotheker zur Verfügung. Viele Apotheken bieten die Blutdruck-Messung als kostenlosen Service an. Bei anhaltenden Beschwerden ist ein Arztbesuch ratsam.

Behandlung und Hausmittel beim niedrigem Blutdruck: Das können Sie tun


Wenn der Kreislauf in den Keller rauscht – und das vielleicht sogar regelmäßig – können verschiedene Maßnahmen zur Besserung der Beschwerden beitragen.

Blutdruck erhöhen durch Bewegung und richtige Ernährung

  • Sport als Therapie: Um den Blutdruck dauerhaft in der Balance zu halten, gilt es mittelfristig, den inneren Schweinehund zu besiegen und häufiger zu den Sportschuhen zu greifen. Regelmäßige Bewegung und Ausdauersport an der frischen Luft sind nachhaltige Mittel, um den Kreislauf und den Blutdruck auf natürliche Weise zu stabilisieren.
  • Viel Trinken: Für Hypotoniker ist es wichtig, viel Wasser zu trinken und soweit möglich auf alkoholische Getränke zu verzichten. Alkohol regt kurzzeitig an – was den Mythos vom Glas Sekt bei niedrigem Blutdruck hat entstehen lassen –, aber der Effekt vergeht sehr rasch. Eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme kann eine Austrocknung des Körpers zur Folge haben, weshalb der Blutdruck zusätzlich sinkt. Daher gilt es, auch ohne Durstgefühl ausreichend zu sich zu nehmen. Kaffee und schwarzer Tee können den Blutdruck kurzfristig steigern, sollten jedoch nur in Maßen genossen werden.
  • Ausgewogene Ernährung: Die Nahrung hat einen direkten Einfluss auf den Kreislauf. Bei einer Unterzuckerung, beispielsweise durch zu lange Esspausen, kann es passieren, dass der Körper das Kreislaufsystem auf Sparflamme setzt und der Blutdruck absinkt. Um Blutzuckerschwankungen weitestgehend auszuschließen und den Kreislauf stabil zu halten, sollte bei niedrigem Blutdruck grundsätzlich auf eine mineralstoff‐ und vitaminreiche Ernährung geachtet werden. Wer seinen Blutdruck steigern möchte, sollte daher viel Obst und Gemüse in den täglichen Speiseplan integrieren.
  • Mehrere kleinere Mahlzeiten sind besser als wenige üppige: Nach einem schweren Mahl macht sich ein niedriger Blutdruck besonders bemerkbar, da sich das Blut auf den Bauchraum konzentriert, um die Verdauungsorgane bei der komplexen Abbauarbeit zu unterstützen.
  • Nachsalzen ist erlaubt: Salz bindet Wasser im Körper und lässt den Blutdruck steigen. Dennoch sollte die Salz-Zufuhr im Essen nicht übertrieben werden. Als Maßstab gilt: ein gesunder Erwachsener sollte am Tag maximal sechs Gramm Salz zu sich nehmen.4
  • Kreislauf-Störer Stress vermeiden: Ein häufiger Auslöser für Kreislaufstörungen ist Stress. Sorgen Sie im Alltag für ausreichend Entspannung und gehen Sie achtsam mit Ihren Ressourcen um. Gezielte Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Yoga können sanft die Durchblutung fördern und sich so auch positiv auf den Kreislauf auswirken.
  • Große Hitze meiden: Langes Sonnen in der sommerlichen Hitze oder ein warmes Bad an einem kalten Winterabend – beides tut der Seele gut, belastet aber den Kreislauf. Beschwerden können häufig nach einem Temperaturwechsel auftreten. Starke Schwankungen in Sachen Hitze sollten bei niedrigem Blutdruck daher möglichst vermieden werden – oder kontrolliert mit Kneipp-Anwendungen trainiert werden.

Wechselduschen regen den Blutdruck an

Kneippen – also warm-kalte Wasseranwendungen wie Wechselduschen nach Priester Sebastian Kneipp – tragen dazu bei, die Gefäße zu trainieren. Die unterschiedlichen Reize lassen die Blutgefäße verengen (Kälte) oder weiten (Wärme). Dies wirkt sich wiederrum positiv auf den Kreislauf, Stoffwechsel und die Abwehrkräfte aus. Wenn Sie die Möglichkeit haben, häufiger auch andere Anwendungen nach Kneipp durchzuführen, beispielsweise Wassertreten oder kalte Armbäder in einem Kneippbecken, nutzen Sie diese Option als erfrischendes und einfaches Mittel gegen niedrigen Blutdruck. Die heimische Dusche, Badewanne und das Waschbecken können natürlich genauso genutzt werden.

Einmal ist keinmal: Der Erfolg der Kneipp-Behandlung setzt Regelmäßigkeit voraus, weshalb die einzelnen Anwendungen als fester Bestandteil in den Alltag integriert werden sollten, um den Blutdruck langfristig zu erhöhen.

Aus gleichen Gründen empfehlen sich auch Saunagänge, Dampfbäder sowie nasse und trockene Bürstenmassagen. Die Bürstenmassage wird mit kräftigen kreisenden Bewegungen am ganzen Körper durchgeführt – immer an den Füßen oder Händen beginnend in Herzrichtung. So können Sie Ihren Kreislauf anregen, trainieren und nachhaltig Ihre Abwehrkräfte stärken.

Aus dem Arzneikasten der Natur: Homöopathie, pflanzliche Arzneien und Hausmittel

Es gibt mehrere Pflanzen, die aufgrund ihrer kreislaufanregenden Wirkung eingesetzt werden können, um bei Hypotonie den Blutdruck anzuregen. Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) konnten in einer Studie belegen, dass Kampfer als altbewährtes Hausmittel bei Hypotonie besonders wirksam zur Steigerung des Blutdrucks eingesetzt werden kann. Der Wirkstoff aus der Rinde des Kampferbaumes erhöhte den Blutdruck der Testpersonen innerhalb kürzester Zeit und verbesserte zugleich Konzentrationsfähigkeit, Hand-Auge-Koordination sowie das Kurzzeitgedächtnis. Das heimische Maiglöckchen hingegen enthält herzwirksame Glykoside (organische Zuckerverbindungen), die die Herzaktion verstärken und sie regelmäßiger machen können. Bei beiden Substanzen kommt es auf die Dosis an, ansonsten tritt keine der Gesundheit förderliche Wirkung ein – sondern womöglich eine Vergiftung. Daher sollten Kampfer und Maiglöckchen bitte nur als Fertigarznei zum Beispiel in Form von Globuli genutzt

Auch Weißdorn wird als Herz-Kräftigungsmittel und für seine blutdruckregulierende Wirkung geschätzt, es kommt traditionell gegen Schwindel zum Einsatz. Die Selbstmedikation ist jedoch aufgrund der sensiblen Dosierungsempfehlungen nicht unbedingt sinnvoll. In gut ausgewogenen Fertigarzneimitteln wird die Weißdorn-Urtinktur im richtigen Verhältnis mit Maiglöckchen und Kampfer kombiniert und kann bei Herz-Kreislauf-Störungen als homöopathisches Mittel bedenkenlos eingenommen werden.

Die Ginseng-Wurzel hat sich ebenso als pflanzliches Mittel gegen niedrigen Blutdruck etabliert und lässt sich auch als wohlschmeckender Tee genießen. Des Weiteren hat sich Rosmarin aufgrund seiner anregenden Wirkung unter den Heilpflanzen einen Namen gemacht. Wenden Sie das Kraut als Tee aufgebrüht oder als Badezusatz an, Fertigmischungen bekommen Sie jeweils in der Apotheke, Drogerie oder Reformhaus.

Wann zum Arzt?

Sollten physikalische Verfahren und pflanzliche Mittel nicht den gewünschten blutdrucksteigernden Effekt erzielen, ist es ratsam, bezüglich einer Arzneimitteltherapie mit Ihrem Arzt zu sprechen. Insbesondere wenn die Symptome der Hypotonie sehr stark ausgeprägt sind. In diesem Fall kann der Arzt Ihnen Arzneimittel gegen den niedrigen Blutdruck verschreiben. Häufig werden Medikamente aus der Gruppe der Sympathomimetika (stimulieren die Erregungsübertragung) zur Erhöhung des Blutdrucks eingesetzt, dazu gehören unter anderem die Wirkstoffe Etilefrin und Ameziniummetilsulfat.

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Carolin Stollberg Schreiben ist ihre Leidenschaft – und das am liebsten über Themen, die die Menschen wirklich bewegen. Nachdem sich Carolin Stollberg in ihrem Studium der Germanistik alle Instrumente angeeignet hat, die sie für das Schreiben guter Texte benötigt, konnte sie sich voll und ganz Ihren Interessensschwerpunkten widmen: Gesundheit und Medizin. Carolin Stollberg Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
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